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Immer (mal) wieder sonntags … lesen Sie in meinem Blog die Management-Spitzen

Der heutige Beitrag ist von Julie Richter. Sie hat langjährige Berufserfahrung als Personalleiterin und lebt heute als Personalberaterin in der Nähe von Berlin.

In den Management-Spitzen Nr. 27 – Auf Augenhöhe können Sie mitverfolgen, wie es Jakob Timmermann im „Merger of Equals“ ergeht …

Es war Jakob Timmermann von Anfang an klar, dass das kein „Merger of Equals“ werden konnte, auch wenn alle hohen Beteiligten diesen Eindruck zu vermitteln suchten. Ihm konnte man da nichts vormachen. Die Mitarbeiter in seinem Bereich taten noch so, als wäre alles beim Alten, quasi nach dem Motto: Irgendwer muss die Arbeit ja machen, aber da hatten sie sich natürlich gründlich verschätzt. Alles doppelt in der Zentrale, das würde zwar eine Weile dauern, aber dann würde es mit Sicherheit knallen. Auch war ihm nicht entgangen, dass jede halbe Stunde ein neues Gerücht durch die Gänge getrieben wurde und die Kollegen es jeweils dankbar aufnahmen.

Er schaute derweil, dass er in den wöchentlichen „Integrationsmeetings“ eine gute Figur machte. Es war ja der totale Burner, wie unterschiedlich sich seine Bereichsleiterkollegen gegenüber dem neuen Vorstand verhielten. Der tauchte regelmäßig für eine Viertelstunde bei dem Meeting auf und nutze die Zeit dazu, den Anwesenden eins auf die Mütze zu geben. Die vortragende Unternehmensberatung, die das Projektmanagement-Office stellte, hatte die Prügel quasi abonniert. Das gehörte zum guten Ton. Die anderen wurden meist nur vorgeführt, wenn die Ampeln rot waren, aber das waren sie häufig. Was hieß denn hier „genau prüfen“! Umsetzen war das Gebot der Stunde! 80/20, erst einmal lostreten und wenn dann was passiert, zusehen, dass man es irgendwie heilt. Zur Not auch vor Gericht oder mit hohem finanziellen Aufwand. Man wäre wohl eher schon bei 40/60 angelangt, wurde auf dem Flur kolportiert.

Jakob Timmermann hatte ja auch einen ziemlichen Hals. Alle Stellen waren neu ausgeschrieben worden, aber er hatte sich gar nicht auf die seiner Ebene bewerben dürfen, sondern eine Ebene darunter. Wie kann das der Betriebsrat mittragen? fragte er sich, bis ihm klar wurde, dass dies ja wohl der Betriebsrat der übernehmenden Seite gewesen sein müsste. Und die hatte immer recht. Ihm blieb ja eh nichts anderes übrig, als sich zu arrangieren. Haus noch nicht abbezahlt, Frau daheim, 3 Kinder in Ausbildung. Da wird man kein Widerstandskämpfer. Immerhin gehörte er nicht zu denjenigen, die dem neuen Vorstand sich quasi, naja, das würde jetzt zu weit führen, aber solche gab es eben auch.

Er versuchte einfach, irgendwie weiter seinen Job zu machen, aber das schien gar nicht so einfach. Tausende Dinge mussten vereinheitlicht, zusammengeführt, optimiert und weiß der Himmel was noch werden. Man diskutierte x Varianten, am Ende kam jedoch immer heraus: Das ist alles prima, wir machen das aber doch jetzt so, wie wir das vorgeschlagen haben. The winner takes it all. An der alten Schnulze war was dran. Selbst bei der Entscheidung für die führenden IT-Systeme hatte man auf die vorsintflutlichen Varianten der neuen Eigner zurückgegriffen. Frei nach dem Motto, wer die IT hat, hat das Sagen. Sowieso.

Besonders auf den Keks ging ihm diese ständige Erreichbarkeit 24/7. Wenn er frühmorgens in seine Mails schaute, wer ihm nachts um 2 alles geschrieben hatte, musste er sich wundern. Allerdings hatte sich leider inzwischen auch nichts von selbst erledigt. Alles wartete auf ihn. Er seufzte genervt. Hinten im Gang sah er plötzlich Frauke Meerbach, eine geschätzte Kollegin, die sicher unter einem ähnlichen Druck stand wie er, allerdings hatte sie keine Familie. Jovial meinte er: „Na, sind Sie für unsere neuen  Chefs auch immer rund um die Uhr tätig und schlafen zu wenig?“ Sie verzog keine Miene, als sie ihm antwortete: „Ich schlafe super und wenn ich nachts um 2 mal aufs Örtchen muss, schreibe ich schnell 3 Mails zurück. Klappt immer.“

(Personen und Handlung sind frei erfunden.)

Management-Spitzen Nr. 27 – Auf Augenhöhe

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