Immer (mal) wieder sonntags … lesen Sie in meinem Blog die Management-Spitzen.
Die Management-Spitzen werden nicht nur von mir ausgetüftelt, sondern auch von Julie Richter, die langjährige Berufserfahrung als Personalleiterin hat und heute als Personalberaterin in der Nähe von Berlin lebt.
Ganz neu im „Autorenboot“ ist Linda Bermann. Sie ist gebürtiges Nordlicht und hat als Personalentwicklerin und Führungskraft schon diverse Unternehmenskulturen kennen gelernt. Mit großem Staunen beobachtet sie in ihrem Alltag die kleinen Besonderheiten und auch Unwägbarkeiten.
Lesen Sie hier die erste „Geschichte mit Augenzwinkern“ von Linda Bermann: Management-Spitzen Nr. 32 – Straight Through Processing
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Linda Bermann steht mitten im Leben. Sie hat die Dinge gern im Griff, denkt vorausschauend und in Alternativen, antizipiert Probleme, vermeidet Risiken und versucht, alles möglichst optimal abzuarbeiten. Im Job als Führungskraft wie privat. Nicht immer schafft das nur Freunde, zumindest im beruflichen Umfeld führt das gelegentlich dazu, dass man sie als Perfektionistin bezeichnet, aber davon ist sie natürlich weit entfernt.
Als ihre betagte Mutter sie daher bat, sich darum zu kümmern, dass für eines ihrer Konten eine Vollmacht für sie (also für Linda, nicht für die Mutter) eingetragen werden solle, schien das eine leichte Übung, da hinlänglich bekannt. Postident-Verfahren usw. Ein erster Anruf in der Service-Hotline der Bank führte zu der irritierenden Auskunft: „Machen wir nicht. Ihre Mutter muss persönlich erscheinen.“ Na, das glaube wer will, also Herausfinden der Telefonnummer der zuständigen Filiale (nicht so einfach heute, da gern gut versteckt) aber nach bereits 3 Runden in der Warteschleife hatte man jemanden am Ohr. Die gleiche Auskunft. Jetzt wurde Linda langsam ärgerlich und erläuterte, dass es eben darum gehe, dass ihre betagte Mutter gerade nicht mehr persönlich erscheinen könne und dies im Übrigen wegen Postident usw. auch gar kein Problem sei. „Machen wir nicht.“ „Sehr hilfreich und jetzt?“ „Ja, dann muss der Arzt das bestätigen, dass Ihre Mutter nicht kommen kann.“ „Prima, gibt es denn dafür in Ihrem Institut vielleicht einen Vordruck?“ „Nein.“ „Hören Sie, ich habe selbst lange in einer Bank gearbeitet, für so etwas gibt es immer einen Vordruck.“ „Bei uns nicht.“ Schön, also die betreuende Ärztin angeschrieben, den Entwurf einer Bestätigung beigefügt, die Ärztin hatte so etwas noch nie gehört: „So was geht doch über Postident-Verfahren…“ „Ja, genau, aber nicht bei denen…“. Gebühr bezahlt und Schriftstück erhalten. Vor dem persönlichen Besuch von Linda in der Filiale vor Ort erneuter Anruf dortselbst, Schilderung der Sachlage und Nachfrage, welche Unterlagen man denn darüber hinaus usw. „Den Personalausweis Ihrer Mutter, Ihren eigenen und die Bestätigung der Ärztin.“ „Okay, und es gibt bestimmt kein Formblatt?“ „Nein, das prüft unsere Rechtsabteilung.“
Linda ahnte nichts Gutes, als sie sich eines Freitagnachmittags auf den Weg machte. Je 160 km hin und zurück, aber sie wollte ja auch ihre Eltern vor Ort besuchen. Die Dame am Schalter nahm sich Zeit. Die Sachlage wurde erörtert und festgestellt, dass es den Vordruck: „Verfügungsberechtigung über den Tod hinaus“ gab. Linda Bermann verlor die Contenance. Die Dame entschuldigte sich umfassend und nachhaltig, bot dies und das an, aber an der Tatsache gab es nichts zu rütteln.
Als Linda Bermann die Ärztin erneut anrief um ihr zu erklären, dass sie jetzt den in Rede stehenden Vordruck zum Thema ausfüllen müsse, gab diese ihr kurz zu verstehen, dass sie keine Bedenken habe, der Mutter Lindas den Vollbesitz von deren geistigen Kräften zu bescheinigen, sich jedoch diesbezüglich bei Lindas Person langsam Zweifel einstellten. Dennoch wurde das Formular ausgefüllt und mit den weiteren Unterlagen an die Bank gesandt. Einige Wochen später erhielt Linda Bermann einen Anruf der Bank. Man müsse sich vielfach entschuldigen, aber es sei erst jetzt aufgefallen, dass es sich um ein Oder-Konto handele und daher müsse jetzt der Vater von Linda seinerseits in der Filiale erscheinen, um zu bestätigen dass auch er…. Linda ergab sich ihrem Schicksal und rief den Vater an.
Eine Woche später ein erneuter Anruf der Bank. Es wäre ja sehr peinlich, aber man benötige noch eine Kopie des Personalausweises von Linda. Lindas Einwand, eine solche läge bereits vor, da ja die Kollegin vor Ort diese höchstselbst in ihrem Beisein angefertigt habe, trug nicht zur Lösung des Problems bei, da die Kopie zu undeutlich sei, um von dem System des Hauses akzeptiert zu werden. Linda bekam einen Schreikrampf.
Am nächsten Tag schickte sie eine erneute Kopie zur Filiale. Nach weiteren zwei Tagen fand sich die Bestätigung über die Vollmacht in der Post. Abends wollte Lindas Mann wissen, ob sie denn der Bank noch immer nicht die Kopie des Ausweises geschickt habe, die hätten schon wieder angerufen… Linda stellte sich taub. Weitere 5 Telefonate später hatte ihr Mann Mitleid mit den täglich anrufenden Damen und schickte erneut eine Kopie. Angeblich war der Scanner in jener Nacht ausgefallen, als gerade diese Kopie des Ausweises von Linda…
Linda Bermann überlegte, ob sie diese Geschichte dem zuständigen COO zur Verfügung stellen sollte oder lieber ihrer Kollegin Kathrin S. für deren Blog. Letzteres eher unwahrscheinlich, das glaubt doch kein Mensch.
(Personen und Handlung sind frei erfunden.)
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