Heute erwarten Sie neue Management-Spitzen der Gastautorin Julie Richter!
Julie Richter hat langjährige Berufserfahrung als Personalleiterin und lebt heute als Personalberaterin in der Nähe von Berlin.
Viel Vergnügen mit Management-Spitzen Nr. 7: Die Pressekonferenz
In diesem Jahr hatte Klotz-Schaffer mal wieder den Hauptgewinn gezogen. Der Chef hatte ihn dazu auserkoren, das alljährlich stattfindende Projekt Pressekonferenz zu koordinieren. Das bedeutete nicht nur wochenlang äußerst geringe Schlafvolumina, sondern darüber hinaus auch Ärger an allen Fronten. Es fing damit an, dass die Jungs aus dem Finanzbereich der Ansicht waren, nur sie wären die Kenntnisreichen und alleinigen Hüter der Wahrheit und die Deppen aus der Kommunikation, zu dem auch Klotz-Schaffer und sein Team Investor Relations gehörten, wüssten gar nicht, wovon die Rede sei. Das brachten sie unter anderem dadurch zum Ausdruck, dass sie zu den zwecks Vorbereitung anberaumten Meetings eher zu spät oder gar nicht erschienen und die zu erläuternden Zahlen nebst der dazugehörigen Story als großes Geheimnis hüteten.
Aber das war noch vergleichsweise harmlos. Der Arbeitsstil des Chefs bedingte, dass an den Tagen vor der Pressekonferenz ständig in den Papieren geändert wurde. Das wiederum erforderte, die hierzu notwendigen dienstbaren Geister arbeitstechnisch verfügbar zu halten. Hierzu hatte die Personalabteilung, wie übrigens bereits im Vorjahr, verlauten lassen, dies sei äußerst schwierig und es sei fraglich, ob der Betriebsrat die Mehrarbeit überhaupt genehmigen würde und Wochenendarbeit käme rein gar nicht in Frage. Solche war aber zu erwarten, weil die Pressekonferenz an einem Montag angesetzt war, wofür es keinen tieferen Grund gab außer dem, dass der Chef sich die Dinge gern noch mal in Ruhe anschaute. Die Einsicht in den tieferen Grund fehlte offenbar auch dem zuständigen Amt, weswegen es der Sonntagsarbeit im letzten Jahr nur ausnahmsweise unter der Auflage zugestimmt hatte, dass in diesem Jahr keine stattzufinden habe. Man könne den Termin ja so legen, dass dies nicht notwendig sei. Womit das Amt nicht ganz unrecht hatte, aber das interessierte den Chef bei seiner strategischen Planung natürlich so wenig wie ein Sack Salz in Lüdenscheid. Das Problem hatte Klotz-Schaffer.
Der wusste sich natürlich zu helfen: Zunächst wurden alle verfügbaren leitenden Angestellten eingeteilt. Da diese als solche in der Regel wenig geeignet sind, Excel-Sheets und PowerPoint-Präsentationen zu hübschen, kamen sie eher für den moralischen Beistand und wichtige inhaltliche Diskussionen infrage. Das taten sie gern, aber irgendjemand musste natürlich auch die unvermeidliche Arbeit machen. Da traf es sich ganz gut, dass wie so häufig gerade wieder einmal ein Tross an Beratern im Unternehmen seine Kreise zog. Über diese Spezies kann man ja sagen was man will, aber PowerPoint können sie. Und so war es für Klotz-Schaffer ein Leichtes, die Mädels und Jungs gegen den üblichen Tagessatz (der auch für nachts gilt) zu begeistern, ein Großteil der Wochenendarbeiten zu übernehmen und für den Rest gab es schließlich Agenturen.
So war Klotz-Schaffer stolz und glücklich, als er Montagmorgen gegen 3 Uhr todmüde auf dem im Büro aufgestellten Feldbett einschlief. Alles war abgestimmt, gedruckt und lag zur Verteilung bereit. Kurz vor 6 klingelte sein Handy. Der Chef. Es war ja noch ausreichend Zeit bis zum Beginn der Pressekonferenz und er habe sich überlegt, so ginge es gar nicht. Das Grau am unteren Rand im Seitenlayout sei mindestens eine Nuance zu hell und die Schriftgröße der Überschriften bedürfe auch dringend der Anpassung.
(Personen und Handlung sind frei erfunden.)
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