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Immer (mal) wieder sonntags … lesen Sie in meinem Blog die Management-Spitzen

Der heutige Beitrag ist von Julie Richter. Sie hat langjährige Berufserfahrung als Personalleiterin und lebt heute als Personalberaterin in der Nähe von Berlin.

Lisa Hofmann möchte in Berlin in die Luft gehen. Eigentlich nur mit dem Flieger in Richtung Bonn. Doch dann mehr und mehr auch im übertragenden Sinn, weil sie entnervt ist ob der Er­leb­nis­se. Lesen Sie hier die Management-Spitzen Nr. 22 – Lessons Learned:

Lisa Hofmann hatte sich das alles gut überlegt. Sicher war es nicht so leicht, beruflich mal wieder weit von ihrem Wohnort entfernt tätig zu werden, aber das Unternehmen hatte ihr gefallen und die Aufgabe war wirklich so etwas wie eine interessante Herausforderung, also genau das, was ihr vorschwebte. Mit einer pfiffigen Reiseplanung war das alles zu schaffen, schließlich ging es vielen anderen Pendlern so wie ihr. Und die Hauptstadt verfügte ja über gute Anbindungen. Von ihrer Kollegin Katharina Nordmann hatte sie allerdings in letzter Zeit einige Erlebnisse mit der Bahn aufgeschnappt [wir berichteten in den Management-Spitzen Nr. 17 – ßänk ju foa träwelling wis …], sodass diese Option für Lisa Hofmann definitiv ausschied. Doch war es sinnvoll, mit dem eigenen Auto zu fahren? Die Strecke konnte lang werden. Dann doch lieber mit dem Flieger anreisen.

So begab sie sich also vertrauensvoll in die Hände der Fluggesellschaft ihres Vertrauens. Die hatte inzwischen die eine oder andere Strecke im Inland auf eine Tochter übertragen und kosten­günsti­ger organisiert, aber das war egal. Die Buchung im Internet verlief zügig und ohne größere Hänger und der Preis war absolut ok, wenn man auf die Schrippe an Bord keinen größeren Wert legte. Außerdem hatte es neulich ein ganz furchtbares Unglück gegeben, das sehr schlecht gemanagt worden war und so nährte sie die Hoffnung, dass es doch jetzt alles viel besser laufen würde. Man war ja sicher lernfähig.

Lisa Hofmann wartete an diesem milden Novemberabend auf den Flieger. Die Maschine kam nur marginal verspätet an und alle stiegen ein. Als das Flugzeug den Finger verlassen wollte, flackerte das Licht an den Notausgängen und so dauerte es nicht lange, bis die Ansage „Wir haben ein kleines technisches Problem und müssen den Techniksupport anfragen“ zu ersten kleinen Seuf­zern führte. Aber noch bestand Hoffnung. Schon nach einer Viertelstunde traf die Technik ein und stellte nach weiteren 15 Minuten fest, dass man das so nicht in den Griff bekommen könne. Eine weitere Verlautbarung informierte dann darüber, dass die Passagiere leider das Flugzeug verlas­sen müssten, weil man die Störung sonst nicht beheben könne. Diesmal war das Seufzen schon etwas lauter, aber alle fügten sich. Schließlich fand man sich wieder in einem Abschnitt des Flug­hafens, wo außer einem Gepäckband keine Sitzmöglichkeit zu finden war. Aber irgendwie würde es schon gehen. Die Zwischengeparkten versuchten, jemanden zu finden, der ihnen Auskunft geben würde, aber Fehlanzeige. Nach 20 Minuten lief ein junges Mädchen mit dem Label „Globe ground“ auf und erzählte, dass sie auch nichts wisse, aber sich kümmern würde. Ältere Passagiere nahmen inzwischen auf dem Transportband Platz und alle telefonierten wie wild mit wem auch immer. Weitere 30 Minuten geschah nichts und die Spekulationen darüber, ob man denn heute noch wegkäme, schossen ins Kraut. Alle hatten Durst, aber nichts tat sich. Keine Ansage, keine Information.

Irgendwann kam Bewegung in die Runde der Wartenden. Niemand hatte etwas gesagt, aber es bewegte sich wie ein Selbstläufer voran. Am Fenster mit Durchgang zum Finger stand eine Mitarbeiterin des Bodenpersonals und ließ die Passagiere nach und nach einsteigen. Nummern wurden auf einem Zettel abgehakt. Jeder nahm wieder seinen Platz ein und dann ging es ohne weitere Worte zügig voran. So etwas wie Hoffnung machte sich breit und man war einigermaßen versöhnt, als die Lichter der abendlichen Stadt langsam kleiner wurden.

Plötzlich ein ungeheurer Knall, auf den eine Erschütterung folgte. Es stank ganz furchtbar nach Verbranntem. Die anwesenden Herren zeigten Pokerface und lächelten wissend. Die Damen schauten sich fragend um, ggf. auf eine Antwort von den wissenden Herren hoffend. Lange 10 Minuten passierte nichts.

Die Maschine drehte ab und schien sich der Stadt wieder zuzuwenden. Dann endlich der Kapitän: „Meine Damen und Herren, Sie haben es gemerkt. Wir haben ein Problem und fliegen nach Tegel zurück.“ Die Cabin Crew stand wie eine eins vor der Tür zum Cockpit und sagte nichts. Dann endlich die Landung, anscheinend normal. Übel würde es manchem Insassen erst, als er der Flotte von blinkende Kranken- und Feuerwehrfahrzeugen auf dem Rollfeld gewahr wurde. Weitere bange Minuten vergingen. Dann der Kapitän: „Meine Damen und Herren, bitte bleiben Sie noch sitzen. Das Flugzeug wird jetzt von der Feuerwehr überprüft.“ Das galt als vertrauens­bilden­de Maß­nahme. Kam aber nicht so an. Die Stimmung sank erneut merklich. Wieso sagen die nicht, was passiert ist und wie es weiter geht?

Zwischendurch erreichten die Reisenden, die ihre Handynummer beim Check in angegeben hatten, so informative Mitteilungen wie: „Leider ist Ihr Flug nach Bonn verspätet. Neue Abflugzeit (revolvierend, alle 15 Minuten neu), Check in Time unverändert.“ Das ist doch schön, da weiß man gleich, woran man ist.

Nach weiteren 15 Minuten öffnete sich die Tür und alle nahmen schweigend ihre Siebensachen, zum zweiten Mal an diesem Abend, und stiegen in den bereit stehenden Bus. Der war voll, Fenster und Türen geschlossen, die Luft stickig. Der Busfahrer stand draußen und sagte nichts. Auch sonst sagte niemand etwas. Manche machten Fotos und versuchten, daheim anzurufen, andere wollten raus aus dem Bus und nur noch nach Hause. Ging nicht, Türen geschlossen. Keine Nachricht seitens der Airline. Keine andere Information. Nach weiteren bangen 15 Minuten stieg der Bus­fah­rer ein und fuhr los. Schließlich hielt er an einer auf dem Rollfeld wartenden Maschine. Es blieb den Buspassagieren nichts anderes übrig, als wieder einzusteigen. Die Maschine war natürlich schon besetzt. Man suchte sich ein Plätzchen und schob das Gepäck unter den Sitz. Schließlich die Ansage: „Wir begrüßen auch die zugestiegenen Passagiere. Heute können wir leider keinen Boardservice wie üblich durchführen, aber alle bekommen ein kostenloses Getränk. Danke, dass Sie mit uns geflogen sind. Wir hoffen, Sie haben ihre Reise genossen und wünschen Ihnen einen angenehmen Aufenthalt in Bonn.“

(Personen und Handlung sind frei erfunden.)

Management-Spitzen Nr. 22 – Lessons Learned als PDF-Dokument

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  1. wie ein Aufsatz in der Schule: „eine spannende Geschichte“. Note. sehr gut – entspricht jedoch nicht der Realität . ! Etwas abgewandelt könnte man einen Aufsatz über die Deutsche Bahn schreiben. Das entspricht dann schon eher den Tatsachen.


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